Studenten aus Bethlehem lernen Behindertenhilfe kennen

Mahmoud Durgham (22) hat beide Hände voll zu tun, wenn er aufzählt, wie viele seiner Familienmitglieder im Bereich Pflege arbeiten. Denn Pflege ist in seinem Heimatland, dem Westjordanland oder Palästina, ein sozial sehr angesehener und begehrter Beruf, für den man sogar einen Bachelor-Abschluss braucht.

 

Fünf Studierende stehen vor der Eingangstür zu einem Wohnhaus.

Er selbst ist im dritten Studienjahr und hat jetzt vier Wochen das Gesundheitssystem in Deutschland kennengelernt. Gemeinsam mit drei weiteren Studenten der Universität Bethlehem war er in zwei Einrichtungen der Behindertenhilfe der St. Augustinus Gruppe tätig, hat über die Schulter der Mitarbeitenden und über den eigenen Tellerrand geblickt.

Initiiert hat dieses besondere Kooperationsprojekt Dr. Andrea Kuckert-Wöstheinrich im vergangenen Jahr. Als Projektleiterin in der St. Augustinus Gruppe hat sie selbst 2017 ein Praktikum in Palästina gemacht, schnell enge Kontakte geknüpft und den Austausch in Neuss etabliert. „Wir wollen voneinander lernen und uns so besser kennenlernen und verstehen“, erzählt sie. „Den Studenten ermöglicht das Projekt, ganz neue Eindrücke zu bekommen von der Arbeit hier. Die jüngere Generation kann so viele Impulse und viel Wissen mit zurücknehmen in die Familien und Gemeinden vor Ort.“ Denn gerade Behinderungen sind in Palästina ein großes Tabu. „Es gibt bei uns kaum Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. Das Thema ist mit Scham besetzt“, berichtet Dareen Kumsieh (21), eine der Austauschstudentinnen. „Die Pflege und Betreuung übernimmt die Familie. Menschen mit Behinderung  leben nicht selbstständig wie hier.“ So war es besonders spannend für die vier zu sehen, wie Menschen mit Behinderung hier leben und wie inklusiv die Gesellschaft ist. Am Samstag fliegen die Studenten mit ihren Erlebnissen und Erfahrungen im Gepäck wieder zurück in ihre Heimat. Worauf sie sich freuen? „ Auf die vierwöchigen Semesterferien im August und den schnellen, unkomplizierten  öffentlichen Nahverkehr“, lacht Dareen Kumsieh.